Essen erzählt über das Gebiet. An wenigen Orten der Welt entspricht diese Aussage so der Wahrheit wie in Sardinien. Die Küche ist einer der charakteristischen, bezeichnenden Züge Sardiniens, ein Aspekt, der weit mehr als nur exquisite Köstlichkeiten umfasst und tief in der Geschichte und Tradition der Insel verwurzelt ist. In San Pietro, der Insel auf der Insel, mit seinem wunderschönen Meer und starken Charakter, ist die kulinarische Tradition Identität und Seele der Bevölkerung. Der Girotonno (das Fest rundum den Thunfisch) ist der Beweis dafür. Von 24. bis 27. Mai erzählt dieses originelle Gastronomiefestival von„Menschen, Geschichten und Aromen rundum den Thunfisch“. Carloforte, einer der schönsten Orte Italiens und eine Perle des Mittelmeers, stellt der Welt eine Fischer- und Küchentradition vor, die nicht nur eine weit über die regionalen Grenzen hinaus erwartete Veranstaltung, sondern auch Ausdruck einer Kultur ist, deren Ursprünge tief in tausendjährigen Bräuchen verwurzelt sind.
Die Tradition des Thunfischfangs mit Tonnara, Rais (Anführer) und „Tonnaroti“ wird mit einem viertägigen Programm gefeiert, das Live Cooking, die Verkostung von Gerichten von Gestern und Heute, Vorstellungen und Konzerte, Unterhaltung und Führungen durch den Ort Carloforte und zu den wunderschönen Küsten der Insel umfasst. Im Mittelpunkt stehen weltweit renommierte Köche und leitende Küchenchefs: Von ihren Händen können Sie die Kunst und kulinarischen Finessen ablesen (und erlernen), während sie abwechselnd auf der Bühne des Tuna village, Gerichte zubereiten (die live kommentiert werden). Höhepunkt ist die International Tuna Competition, ein spektakulärer Wettstreit zwischen „sternengekrönten“ Küchenchefs aus Italien und Ausland, die ihr Bestes geben, um mit ihrer Kochkunst die Qualitäten des Thunfischs zu würdigen. Eine fachkundige, meinungsführende Journalisten-Jury sowie eine aus dem Publikum gewählte Jury bewerten danach die Gerichte. Der Thunfisch wird sowohl in traditionellen Rezepten als auch phantasievollen Kreationen gemeinsam mit anderen Gerichten aus Carloforte angeboten.
In Carloforte treffen Aroma und Kultur, Tradition und Zeitgeist aufeinander. Die Charakteristik dieses Landstrichs und seiner Geschichte sind einzigartig in Sardinien: tabarkinischen Ursprungs ist dieser Ort aufgrund kulturhistorischer Verknüpfungen eng mit Genua verbunden. Auf den Straßen der Altstadt und der Meerpromenade herrscht pulsierendes Leben. Es überwiegt der typische Baustil des 18./19.Jh: Paläste mit schönen Fassaden, pastellfarbene Häuser, Treppen und Gässchen, in denen man den Duft der Meeresgerichte einatmen kann. Der Charme des kleinen Hafens ist der Auftakt zur reichen Farbpalette des schönen Meeres und der Küstenstreifen der Insel, wo sich beeindruckende Klippen, wie La Conca und Le Colonne, dem Sinnbild von Carloforte, mit bezaubernden Buchten und unberührtem Meeresgrund, wie Cala Fico und Cala Vinagra, abwechseln.
Im Kanal, der San Pietro von Sant’Antioco, der größten Insel des Sulcis-Archipels, trennt, tummeln sich seit eh und je in der Migrationszeit Schwärme des „roten Thunfischs“, der erlesensten Thunfischart des Mittelmeers. Das Fischen mit Netzen ist eine auf die Phönikier und Römer zurückreichende Tradition, die im 15. Jh. von den Spaniern verfeinert wurde. Noch heute wird dieser Fisch mit denselben Verfahren gefischt, ein wahres Ritual, das hier von April bis Juni zelebriert wird. Es wird mit Versöhnungsgebeten der Thunfisch-Fischer Tonnarotti begangen, denen der Rais vorsteht, der ihnen von seinem Schiff aus, der Musciara, Anweisungen gibt. Die „Tonni di Corsa’, mit ihrem roten, fetten Fleisch kommen in großen Schwärmen vom Atlantik, um ihre Eier im warmen Mittelmeer abzulegen. Ihre Routen, die sie in Schwärmen zurücklegen, sind vorhersehbar. Die Struktur der Netze „zwingt sie“, in „Kammern“ zu schwimmen, die eng zulaufen, sodass die Fische am Ende gefangen sind. Die „letzte Kammer“ wird als „Kammer des Todes“ bezeichnet. Hier werden die Tiere geschlachtet. Danach wird der Thunfisch in einer der wenigen noch aktiven historischen Tonnare des Mittelmeers (die seit fast 3 Jahrhunderten betrieben wird!) mit handwerklichen Methoden „verarbeitet“.